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[escepticos] RE: [escepticos] Pío Moa/Urfascismo



No sabía que provenía del alemán "ur".Yo pensaba que Eco la había formado
refiriéndose al "grupo de Ur"(Evola, Geuenon, Ziegler), como parece
deducirse de la lectura de la Web
http://lgxserver.uniba.it/lei/rassegna/020323j.htm

saludos

Miguel Angel
Cifra.
Si riconosce negli intellettuali della più diversa posizione ideologica la
tendenza ad attribuire all'esoterismo un marcato segno politico. Um­berto
Eco in Il fascismo eterno, (compreso nei Cinque scritti morali, Bompiani)
considera le attitudini elitarie, aristocratiche, esclusive e irrazionaliste
proprie del pensiero esoterico, co­me le caratteristiche di un perpetuo
«Ur-fasci­smo».  Elemire Zolla, d'altra parte, nell'introdu­zione
all'antologia I mistici dell'Occidente (Adelphi), contrappone polemicamente
la veri­tà della mistica a quella secolarizzata e demo­cratica (dunque
nazionalista ed egualitaria) con­quistata per progressiva spoliazione dai
nobili blasoni dell'aristocrazia e dai sacri simboli del­la religione
----- Original Message -----
From: J.S. <j.susaeta en bitmailer.net>
> > La palabra la tomé de Umberto Eco y fue ampliamente comentada en la
> > corrala en diversas ocasiones. No tengo a mano la referencia, pero
> > seguro que algún colistero sí.
>
> Hola... Sí. Se comentó extensamente aquí. Es un neologismo de Umberto
Eco,
> que lo construye con la palabra -más bien el prefijo- alemán 'ur' que
suele
> significar primigenio, originario, primitivo.
>
> He estado haciendo una búsqueda en 'Google', y no he encontrado nada en
> lenguas más conocidas. Sí, en cambio, un largo artículo de Eco en el
> semanario 'Die Zeit' -sitio muy serio y conservador-. La pena es que es
una
> traducción del inglés, casi seguro que escrito en ese idioma por el propio
> Eco, que los del 'Zeit' son gente muy fina, y si hubiese original
italiano,
> del italiano lo habrían traducido. En fin, para los que lean alemán., aquí
> va: Empieza diciendo: '¿En qué se reconoce el pensamiento fascista? ¿Qué
es
> lo que lo diferencia del nacionalsocialismo o del fascismo? Un pequeño
> vademécum antifascista, una guía para perplejos'...
>
>  Lo siento, pero me resulta demasiado trabajoso traducirlo todo. Si hay
> mucho interés en la lista, traduciría lo más interesante, que son los
> 'puntos de definición' del 1 al 15. El artículo, como todo lo que publica
> 'Die Zeit', es muy interesante, pero es que estos alemanes gustan de poner
> siempre demasiadas letras...
>
> Saludos
>
> Javier Susaeta
> """""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""
>
> Umberto Eco: Urfaschismus (Aus: Die Zeit, Nr. 28/1995, S. 47.)
> Woran erkennt man faschistisches Denken? Was unterscheidet den
> Nationalsozialismus vom Faschismus? Ein kleines antifaschistisches
> Vademecum, ein Führer für die Verwirrten
>
>
>
> Wir müssen uns der Vergangenheit erinnern und entschieden bekunden, daß
> "sie" keine Chance mehr bekommen dürfen. Aber wer sind "sie"? Wenn wir uns
> der totalitären Regimes erinnern, die Europa vor dem Zweiten Weltkrieg
> beherrschten, liegt es nahe zu sagen, sie könnten unter veränderten
> historischen Bedingungen wohl kaum wieder in der gleichen Form auftreten.
> Wenn Mussolinis Faschismus sich auf die Idee eines charismatischen Führers
> gründete, auf den Korporativismus, auf die Utopie von Roms imperialer
> Bestimmung, auf einen imperialistischen Willen zur Eroberung neuer
Gebiete,
> auf einen übersteigerten Nationalismus, auf das Ideal einer ganzen Nation
in
> Schwarzhemden, auf die Ablehnung der parlamentarischen Demokratie, auf den
> Antisemitismus - dann kann ich leicht einräumen, daß die italienische
> Alleanza Nazionale, hervorgegangen aus der faschistischen Nachkriegspartei
> MSI und mit Sicherheit eine Partei des rechten Flügels, derzeit nur sehr
> wenig mit dem alten Faschismus zu tun hat. Und obwohl auch mich die
> verschiedenen naziähnlichen Bewegungen hier und da in Europa
einschließlich
> Rußlands beunruhigen, werde ich ebensowenig glauben, daß der Nazismus in
> seiner ursprünglichen Form als nationale Bewegung wieder auferstehen
könne.
> Dennoch: Politische Regimes können zwar gestürzt, Ideologien kritisiert
und
> abgelehnt werden - aber hinter einem Regime und seiner Ideologie steht
immer
> eine Art des Denkens und Fühlens, eine Anhäufung kultureller Gewohnheiten,
> obskurer Instinkte und unauslotbarer Triebe.
>
> Sprachgewohnheiten bieten häufig wichtige Hinweise auf zugrunde liegende
> Gefühle. Deshalb lohnt die Frage, warum nicht nur die Resistenza, sondern
> auch der Zweite Weltkrieg überall ganz allgemein als Kampf gegen den
> Faschismus definiert wurde. Blickt man wieder einmal in Hemingwavs "Wem
die
> Stunde schlägt", so entdeckt man, daß Robert Jordan seine Feinde mit den
> Faschisten identifiziert, selbst wenn er die spanischen Falangisten im
Sinn
> hat. Und Franklin Delano Roosevelt sieht im "Sieg des amerikanischen
Volkes
> und seiner Alliierten einen Sieg über den Faschismus und das Erbe des
> Despotismus, den er vertritt". Während des Zweiten Weltkriegs galten die
> Amerikaner, die im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft hatten, als "vorzeitige
> Antifaschisten", soll heißen, daß in den vierziger Jahren der Kampf gegen
> Hitler für jeden guten Amerikaner eine moralische Pflicht war, aber der
> verfrühte Kampf gegen Franco in den Dreißigern hatte einen unguten
> Beigeschmack, weil er in erster Linie von Kommunisten und anderen Linken
> geführt wurde ... Warum benutzten amerikanische Radikale dreißig Jahre
> später einen Ausdruck wie Faschistenschwein für Polizisten, die ihre
> Rauchgewohnheiten mißbilligten? Warum sagten sie nicht: Cagoulardschwein,
> Falangistenschwein, Ustaschaschwein, Quislingschwein, Nazischwein?
>
> "Mein Kampf' ist ein Manifest mit einem umfassenden politischen Programm.
> Der Nazismus besaß eine Theorie des Rassismus und der Überlegenheit der
> Arier, eine klare Vorstellung von entarteter Kunst, eine Philosophie vom
> Willen zur Macht und vom Übermenschen. Der Nazismus war entschieden
> antichristlich und neuheidnisch, während Stalins Diamat (die offizielle
> Version des sowjetischen Marxismus) offen materialistisch und atheistisch
> war. Versteht man unter Totalitarismus ein Regime, das jeden Akt des
> Individuums dem Staat und seiner Ideologie unterwirft, dann waren sowohl
der
> Nazismus wie der Stalinismus wirklich totalitäre Regimes.
>
> Der italienische Faschismus war mit Sicherheit eine Diktatur, aber er war
> nicht durchgehend totalitär - nicht weil er so milde gewesen wäre, sondern
> eher aufgrund der philosophischen Schwäche seiner Ideologie. Im Gegensatz
zu
> einer weitverbreiteten Ansicht verfügte der Faschismus in Italien über
keine
> besondere Philosophie. Den mit Mussolini unterzeichneten Artikel
> "Faschismus" in der Encyclopedia Treccani hatte Giovanni Gentile
geschrieben
> oder weitgehend inspiriert, und er verriet eine späthegelianische
> Vorstellung vom absoluten und ethischen Staat, die Mussolini niemals
> vollständig bewußt wurde. Mussolini besaß keinerlei Philosophie, sondern
> lediglich Rhetorik.
>
> Zu Anfang war er ein militanter Atheist, später unterzeichnete er die
> Lateranverträge und ließ die faschistischen Banner von Bischöfen segnen.
In
> seinen frühen antiklerikalen Jahren soll er nach einer glaubwürdigen
Legende
> Gott aufgefordert haben, er solle ihn auf der Stelle niederstrecken, wenn
er
> seine Existenz beweisen wolle. Später berief sich Mussolini in seinen
Reden
> ständig auf Gott und störte sich nicht daran, wenn man ihn als den Mann
der
> Vorsehung bezeichnete. Der italienische Faschismus war die erste
> rechtsgerichtete Diktatur in einem europäischen Land, und für alle
späteren
> derartigen Bewegungen bildete Mussolinis Regime eine Art Archetypus. Der
> italienische Faschismus führte als erster eine militärische Liturgie ein,
> eine Folklore, sogar eine Art, sich zu kleiden - mit ihren schwarzen
Hemden
> weit einflußreicher, als Armani, Benetton oder Versace jemals werden
> sollten. Erst in den Dreißigern entstanden die faschistischen Bewegungen
> überall, mit Mosley in Großbritannien, in Lettland, Estland, Litauen,
Polen,
> Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Jugoslawien, Spanien, Portugal,
> Norwegen und sogar in Südamerika.
>
> Dennoch scheint mir die historische Priorität kein ausreichender Grund für
> die Erklärung, warum das Wort Faschismus zu einer Synekdoche wurde, zu
einem
> Wort, das sich für unterschiedliche totalitäre Bewegungen verwenden ließ.
> Der Grund ist nicht etwa, daß der Faschismus in sich, sozusagen in seiner
> Quintessenz, sämtliche Elemente aller späteren Formen des Totalitarismus
> enthielt. Im Gegenteil: Der Faschismus verfügte über keinerlei
Quintessenz.
> Der Faschismus war ein verschwommener Totalitarismus, eine Collage aus
> verschiedenen philosophischen und politischen Gedanken, ein Bienenkorb an
> Widersprüchen. Kann man sich eine wirklich totalitäre Bewegung vorstellen,
> die die Monarchie mit der Revolution hätte vereinen können, die Königliche
> Armee mit Mussolinis persönlichen Milizen, Privilegien für die Kirche mit
> einer staatlichen Erziehung, die Gewalt predigte, absolute staatliche
> Kontrolle mit einem freien Markt?
>
> Nehmen wir den Futurismus. Man könnte denken, er wäre als Beispiel
> entarteter Kunst beurteilt worden, zusammen mit Expressionismus, Kubismus
> und Surrealismus. Aber die frühen italienischen Futuristen waren
> Nationalisten; aus ästhetischen Gründen befürworteten sie Italiens
Eintritt
> in den Ersten Weltkrieg; sie feierten Geschwindigkeit, Gewalt und Risiko,
> und all das ließ sich anscheinend irgendwie mit dem faschistischen
> Jugendkult vereinen. Während sich der Faschismus mit dem römischen
Imperium
> identifizierte und ländliche Traditionen ausgrub, wurde Marinetti (der
> verkündete, ein Auto sei schöner als die Nike von Samothrake, und der
sogar
> dem Mondschein den Garaus machen wollte) zum Mitglied der Italienischen
> Akademie ernannt, die dem Mondschein mit größter Hochachtung begegnete.
>
> Das bedeutete nicht, daß der italienische Faschismus tolerant war. Gramsci
> wurde bis zu seinem Tode eingekerkert; die Oppositionsführer Giacomo
> Matteotti und die Brüder Rosselli wurden ermordet; der Pressefreiheit
wurde
> ein Ende gemacht, die Gewerkschaften wurden aufgelöst und politisch
> Andersdenkende auf entlegene Inseln verbannt. Die Legislative verkam zu
> einer bloßen Fiktion; die Exekutive (die die Rechtsprechung ebenso
> kontrollierte wie die Massenmedien) erließ eigenständig neue Gesetze,
> darunter die Gesetze zur Rassereinheit (die formale italienische
> Unterstützungsgeste für das, was später der Holocaust wurde).
>
> Es gab nur einen Nazismus. Das faschistische Spiel jedoch läßt sich nach
> vielen Regeln spielen, und der Name des Spiels ändert sich dabei nicht.
Die
> Idee des Faschismus ist Wittgensteins Vorstellung von einem Spiel nicht
> unähnlich. Ein Spiel kann ein Wettbewerb sein oder- auch nicht, es kann
> einen oder mehrere Menschen interessieren, es kann besondere Fertigkeiten
> voraussetzen oder gar keine, Geld kann im Spiel sein oder nicht. Spiele
sind
> unterschiedliche Tätigkeiten, die nur eine gewisse "Familienähnlichkeit"
> aufweisen, wie es Wittgenstein ausdrückte.
>
> Betrachten wir die folgende Reihe: 1 2 3 4 abc bcd cde def. Nehmen wir an,
> in einer Reihe politischer Gruppen sei Gruppe eins gekennzeichnet durch
die
> Merkmale abc, Gruppe zwei durch die Merkmale bcd und so weiter. Gruppe
zwei
> ähnelt Gruppe eins, weil beiden zwei Merkmale gemeinsam sind; aus den
> gleichen Gründen ähnelt Gruppe drei Gruppe zwei und Gruppe vier Gruppe
drei.
> Man beachte, daß Gruppe drei auch Gruppe eins ähnlich ist (sie haben c
> gemein).
>
> Den eigenartigsten Fall bildet Gruppe vier, die offensichtlich den Gruppen
> drei und zwei ähnelt, mit Gruppe eins jedoch kein einziges Merkmal teilt.
> Aber aufgrund der kontinuierlichen Reihung abnehmender Ähnlichkeiten
> zwischen Gruppe eins und Gruppe vier bleibt durch eine Art illusorischer
> Transitivität eine Familienähnlichkeit zwischen den Gruppen vier und eins
> erhalten. Der Faschismus ließ sich als Bezeichnung für die
> unterschiedlichsten Zwecke verwenden, weil ein faschistisches Regime auch
> dann noch als faschistisch kenntlich bleibt, wenn man ihm ein oder mehrere
> Merkmale nimmt.
>
> Ziehen wir vom Faschismus den Imperialismus ab, so haben wir noch immer
> Franco und Salazar. Nehmen wir den Kolonialismus fort, so bleibt uns noch
> immer der Balkanfaschismus der Ustaschi. Fügen wir dem italienischen
> Faschismus einen radikalen Antikapitalismus hinzu (der auf Mussolini nie
> besonders reizvoll wirkte), dann haben wir Ezra Pound. Geben wir einen
Kult
> um keltische Mythologie und die Gralsmystik hinzu (dem offiziellen
> Faschismus vollständig fremd), dann steht vor uns einer der angesehensten
> faschistischen Gurus, Julius Evola. Aber trotz dieser Verschwommenheit
halte
> ich es für möglich, eine Liste von Merkmalen aufzustellen, die typisch
wären
> für das Gebilde, das ich als Urfaschismus oder ewigen Faschismus
bezeichnen
> möchte.
>
> Diese Merkmale lassen sich nicht zu einem System organisieren; viele von
> ihnen widersprechen einander und lassen sich außerdem auch anderen Formen
> des Despotismus oder Fanatismus zuordnen. Aber jedes einzelne von ihnen
kann
> zum Kristallisationspunkt für den Faschismus werden.
>
>
> 1. Das erste Merkmal des Urfaschismus ist der Traditionskult.
> Traditionalismus ist natürlich viel älter als der Faschismus. Er war nicht
> nur typisch für das konterrevolutionäre katholische Denken nach der
> Französischen Revolution, sondern entstand schon im hellenistischen
> Synkretismus als Reaktion auf den griechischen Rationalismus der Klassik.
> Synkretismus ist nicht nur, wie es im Wörterbuch heißt, "die Vermischung
> verschiedener Religionen, Konfessionen oder philosophischer Lehren". Eine
> jede der ursprünglichen Botschaften enthält einen Splitter der Weisheit,
und
> wenn sie auch unterschiedliche oder unvereinbare Dinge verkünden mögen, so
> beziehen sie sich doch sämtlich auf die gleiche ursprüngliche Wahrheit. Es
> kann daher keinen Fortschritt der Erkenntnis geben. Die Wahrheit ist ein
für
> allemal verlautbart, und uns bleibt nur, ihre unverständliche Bedeutung zu
> interpretieren.
>
> Die Nazi-Gnosis nährte sich aus traditionalistischen, synkretistischen,
> okkulten Elementen. Der einflußreichste Urheber der Theorien der neuen
> italienischen Rechten, Julius Evola, verschmolz den Heiligen Gral mit den
> Protokollen der Weisen von Zion, Alchemie mit dem Heiligen Römischen Reich
> Deutscher Nation. Daß die italienische Rechte vor kurzem ihren Kanon um
> Werke von De Maistre, Guenon und Gramsci bereicherte, um ihre Offenheit zu
> demonstrieren, ist ein Beleg des Synkretismus. Wenn man in amerikanischen
> Buchhandlungen in den Regalen mit dem Etikett New Age herumstöbert, findet
> man dort sogar den heiligen Augustin, der nach meiner Kenntnis kein
Faschist
> war. Aber der heilige Augustin in Verbindung mit Stonehenge - da springt
uns
> ein Symptom des Urfaschismus ins Auge.
>
>
> 2. Traditionalismus impliziert die Ablehnung der Moderne. Sowohl
Faschisten
> als auch Nazis verehrten die Technologie, während traditionalistische
Denker
> sie gewöhnlich als Negation traditioneller geistiger Werte ablehnen. Aber
> obwohl der Nazismus auf seine industriellen Leistungen stolz war, lag sein
> Modernismus nur an der Oberfläche einer Ideologie, die sich auf Blut und
> Boden gründete. Die Ablehnung der modernen Welt tarnte sich als Ablehnung
> kapitalistischer Lebensweise, aber in erster Linie ging es um die
Ablehnung
> des Geistes von 1789. Die Aufklärung, das Zeitalter der Vernunft, gilt als
> Beginn moderner Entartung. In diesem Sinne läßt sich Urfaschismus als
> Traditionalismus definieren.
>
>
> 3. Irrationalismus ist auch abhängig vom Kult der Aktion um der Aktion
> willen. Eine in sich schöne Aktion muß vor dem Denken erfolgen oder ganz
> ohne Denken. Denken ist eine Form der Kastration. Daher wird Kultur
> verdächtig, sobald sie mit kritischen Einstellungen identifiziert wird.
> Mißtrauen gegenüber der Welt des Intellekts war immer ein Symptom des
> Urfaschismus.
>
>
> 4. Kein synkretistischer Glaube kann analytischer Kritik widerstehen. Der
> kritische Geist macht Unterscheidungen. In der modernen Kultur lobt die
> Wissenschaft mangelnde Übereinstimmung als nützlich für die Bereicherung
des
> Wissens. Für den Urfaschismus ist fehlende Übereinstimmung Verrat.
>
>
> 5. Zudem sind Meinungsverschiedenheiten ein Anzeichen der Vielfalt. Der
> Urfaschismus wächst und sucht Unterstützung, indem er die natürliche Angst
> vor Unterschieden ausbeutet und verschärft. Der erste Appell einer
> faschistischen oder vorfaschistischen Bewegung richtet sich gegen
> Eindringlinge. So ist der Urfaschismus qua Definition rassistisch.
>
>
> 6. Der Urfaschismus entstand aus individueller oder sozialer Frustration.
> Deshalb gehörte zu den typischen Merkmalen des historischen Faschismus der
> Appell an eine frustrierte Mittelklasse, eine Klasse, die unter einer
> ökonomischen Krise oder der Empfindung politischer Demütigung litt und
sich
> vor dem Druck sozialer Gruppen von unten fürchtete. In unserer Zeit, da
die
> alten "Proletarier" zu Kleinbürgern werden (und die Lumpenproletarier von
> der politischen Szene weitgehend ausgeschlossen sind), wird der Faschismus
> von morgen sein Publikum in dieser neuen Mehrheit finden.
>
>
> 7. Den Menschen, die sich einer ausgeprägten sozialen Identität beraubt
> fühlen, spricht der Urfaschismus als einziges Privileg das häufigste zu:
im
> selben Land geboren zu sein. Dies ist der Ursprung des Nationalismus.
> Außerdem bezieht eine Nation ihre Identität nur aus ihren Feinden. Daher
> liegt an der Wurzel der urfaschistischen Psychologie die Obsession einer
> Verschwörung, am besten einer internationalen Verschwörung. Die Anhänger
> müssen sich belagert fühlen. Am leichtesten läßt sich dieser Verschwörung
> mit einem Appell an den Fremdenhaß begegnen.
>
>
> 8. Die Anhänger müssen sich vom offensichtlichen Reichtum und der Macht
> ihrer Feinde gedemütigt fühlen. Als ich ein Junge war, lehrte man mich, an
> die Engländer als das Volk mit den fünf Mahlzeiten zu denken. Sie aßen
> häufiger als die armen, aber nüchternen Italiener. Juden sind reich und
> helfen einander über ein geheimes Netz gegenseitiger Unterstützung. Aber
die
> Anhänger müssen auch überzeugt sein, daß sie ihre Feinde besiegen können.
> Daher, durch ständige Verlagerung des rhetorischen Brennpunkts, sind die
> Feinde gleichzeitig zu stark und zu schwach. Faschistische Regierungen
sind
> dazu verurteilt, Kriege zu verlieren, weil sie konstitutiv unfähig sind,
die
> Stärke des Feindes richtig einzuschätzen.
>
>
> 9. Im Urfaschismus gibt es keinen Kampf ums Überleben - das Leben ist nur
um
> des Kampfes willen da. Pazifismus ist daher Kollaboration mit dem Feind.
Er
> ist schlecht, weil das Leben ein ständiger Kampf ist. Das jedoch führt zu
> einem Armageddon-Komplex. Da die Feinde besiegt werden müssen, ist auch
eine
> Entscheidungsschlacht erforderlich, und danach wird die Bewegung die
> Weltherrschaft antreten. Aber eine solche "Endlösung" impliziert auch
wieder
> eine Friedensära, ein neues Goldenes Zeitalter, was dem Prinzip des
> ständigen Krieges widerspricht. Keinem faschistischen Führer ist jemals
die
> Lösung dieses Problems gelungen.
>
>
> 10. Elitedenken ist ein typischer Aspekt jeder reaktionären Ideologie,
> insoweit sie im Grunde aristokratisch ist, und aristokratisches und
> militaristisches Elitedenken hat eine grausame Verachtung des Schwächeren
im
> Gefolge. Der Urfaschismus kann nur ein allgemeines Eliteempfinden
vertreten.
> Jeder Bürger gehört dem besten Volke der Welt an, die besten Bürger sind
die
> Mitglieder der Partei, jeder Bürger kann (oder sollte) der Partei
beitreten.
> Aber ohne Plebejer keine Patrizier. Der Führer weiß, daß seine Macht ihm
> nicht demokratisch übertragen, sondern gewaltsam erobert wurde, und ihm
ist
> ebenso klar, daß seine Kraft in der Schwäche der Massen wurzelt; sie sind
so
> schwach, daß sie einen Führer brauchen und verdienen. Da die Gruppe
> hierarchisch organisiert ist (dem militärischen Modell nachempfunden),
> verachtet jeder Unterführer seine Untergebenen, und jeder von diesen
> verachtet die ihm Untergebenen. Das verstärkt das massenhafte
> Elitebewußtsein.
>
>
> 11. In einer, solchen Perspektive werden alle zum Heldentum erzogen. In
> jeder Mythologie ist der Held ein außergewöhnliches Wesen, aber in der
> urfaschistischen Ideologie ist Heldentum die Norm. Dieser Kult des
> Heldentums hängt aufs engste mit dem Todeskult zusammen. Es war kein
Zufall,
> daß ein Motto der Falangisten lautete: " Viva la Muerte". In
> nichtfaschistischen GeseIlschaften gilt der Tod als eine unangenehme
> Erscheinung, der man mit Würde begegnen soll; dem Gläubigen ist er der
> schmerzhafte Weg zu jenseitigem Glück. Im Gegensatz dazu sucht der
> urfaschistische Held den heroischen Tod als beste Belohnung für ein
> heldisches Leben. Der urfaschistische Held erwartet den Tod mit Ungeduld.
In
> seiner Ungeduld schickt er allerdings gern andere in den Tod.
>
>
> 12. Da sowohl endloser Krieg als auch Heroismus recht schwierige Spiele
> sind, überträgt der Urfaschist seinen Willen zur Macht auf die Sexualität.
> Hier liegt der Ursprung des machismo (zu dem Frauenverachtung ebenso
gehört
> wie gewalttätige Intoleranz gegenüber ungewöhnlichen Sexualgewohnheiten,
von
> der Keuschheit bis zur Homosexualität). Da auch die Sexualität ein
> schwieriges Spiel ist, neigt der Urfaschist zum Spiel mit Waffen - das
wird
> zu einer phallischen Ersatzübung.
>
>
> 13. Der Urfaschismus gründet sich auf einen selektiven Populismus, einen
> sozusagen qualitativen Populismus. In einer Demokratie haben die Bürger
> individuelle Rechte, aber in ihrer Gesamtheit besitzen sie politischen
> Einfluß nur unter einem quantitativen Gesichtspunkt - man folgt den
> Entscheidungen der Mehrheit. Für den Urfaschismus jedoch haben Individuen
> als Individuen keinerlei Rechte, das Volk dagegen wird als eine Qualität
> begriffen, als monolithische Einheit, die den Willen aller zum Ausdruck
> bringt. Da eine große Menschenmenge keinen gemeinsamen Willen besitzen
kann,
> präsentiert sich der Führer als Deuter. Da sie ihre Delegationsmacht
> verloren haben, handeln die Bürger nicht mehr; sie werden lediglich
> zusammengerufen, um die Rolle des Volkes zu spielen. Daher ist das Volk
> nichts als eine theatralische Fiktion. Für ein gutes Beispiel des
> qualitativen Populismus bedürfen wir nicht länger der Piazza Venezia in
Rom
> oder des Nürnberger Parteitagsgeländes. In der Zukunft erwartet uns ein
TV-
> oder Internet-Populismus, in dem die emotionale Reaktion einer
ausgewählten
> Gruppe von Bürgern als Stimme des Volkes dargestellt und akzeptiert werden
> kann. Aufgrund seines qualitativen Populismus muß der Urfaschismus gegen
> "verrottete" parlamentarische Regierungen eingestellt sein. Wo immer ein
> Politiker die Legitimität eines Parlaments in Zweifel zieht, weil es den
> Willen des Volkes nicht mehr zum Ausdruck bringe, riecht es nach
> Urfaschismus.
>
>
> 14. Der Urfaschismus spricht Newspeak. Orwell erfand in "1984" Newspeak
als
> offizielle Sprache von Ingsoc, dem englischen Sozialismus. Aber Elemente
des
> Urfaschismus sind verschiedenen Formen der Diktatur gemeinsam. Alle Nazi-
> oder faschistischen Schulbücher bedienten sich eines verarmten Vokabulars
> und einer elementaren Syntax, um die Instrumente komplexen und kritischen
> Denkens im Keim zu ersticken. Aber wir müssen uns auch auf andere Formen,
> von Newspeak einstellen, selbst wenn sie in der scheinbar unschuldigen
Form
> einer populären Talk-Show daherkommen.
>
> Am Morgen des 27. Juli 1943 erfuhr ich aus dem Radio, der Faschismus sei
> zusammengebrochen und Mussolini verhaftet. Als meine Mutter mich zum
> Zeitungholen schickte, entdeckte ich, daß die Zeitungen am nächsten Kiosk
> verschiedene Titel hatten. Mehr noch: Nachdem ich die Überschriften
gelesen
> hatte, wurde mir klar, daß in jeder Zeitung etwas anderes stand. Ich
> entschied mich blind für eine und las auf der ersten Seite eine Erklärung,
> die von fünf oder sechs politischen Parteien unterzeichnet war - darunter
> die Democrazia Cristiana, die Kommunistische Partei, die Sozialistische
> Partei, der Partito d'Azione und die Liberale Partei. Bis zu diesem
> Zeitpunkt hatte ich geglaubt, es gebe in jedem Land nur eine einzige
Partei,
> und in Italien sei das der Partito Nazionale Fascista. Nun entdeckte ich,
> daß in meinem Lande mehrere Parteien nebeneinander existieren konnten. Da
> ich ein kluger Junge war, erkannte ich sofort, daß so viele Parteien nicht
> über Nacht aus dem Boden geschossen sein konnten, daß sie also schon seit
> einiger Zeit im Untergrund existiert haben mußten. Die Erklärung auf der
> Titelseite feierte das Ende der Diktatur und die Rückkehr der Freiheit:
> Freiheit der Rede, der Presse, der politischen Vereinigung. Diese Worte,
> "Freiheit", "Diktatur", "Rechte" - jetzt las ich sie zum ersten Mal in
> meinem Leben. Kraft dieser neuen Worte wurde ich neu geboren, als ein
freier
> Mann des Westens. Wir müssen wachsam bleiben, damit der Sinn dieser Worte
> nicht wieder in Vergessenheit gerät. Der Urfaschismus ist immer noch um
uns,
> manchmal sehr unscheinbar gewandet. Es wäre für uns so viel leichter,
träte
> jemand vor und verkündete: "Ich will ein zweites Auschwitz, ich will, daß
> die Schwarzhemden wieder über Italiens Plätze paradieren." Das Leben ist
> nicht so einfach. Der Urfaschismus kann in der unschuldigsten Verkleidung
> wieder auftreten. Wir haben die Pflicht, ihn zu entlarven und jedes seiner
> neueren Beispiele kenntlich zu machen - an jedem Tag, an jedem Ort der
Welt.
> Franklin Roosevelts Worte vom 4. November 1938 verdienen, nicht vergessen
zu
> werden: "Ich wage zu behaupten, daß der Faschismus in unserem Lande an
Kraft
> gewinnen wird, wenn die amerikanische Demokratie nicht als lebendige Kraft
> voranschreitet, um Tag und Nacht mit friedlichen Mitteln das Schicksal
> unserer Mitbürger zu verbessern." Freiheit und Befreiung sind eine niemals
> endende Aufgabe.
>
>
> Aus dem Englischen von Meinhard Büning
>
> """""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""
>
> >
> > Saludos
> >
> > JM
> >
> >
>
>
>
>
>